Aufräumen oder mit den Konsequenzen leben?
Kunden erwarten Use-Case-Partner statt Technik-Provider. ICT-Reseller sollten sich weiterentwickeln, wollen sie bei diesem Trend dabei sein.
Herbst besser als erwartet
Mit einer Steigerung zum Vormonat von +11% setzt der Oktober die positive Entwicklung des Septembers fort. Zum Vorjahr hat der ICT-Reseller zwar mit -10% weiter einen spürbaren Rückstand, holt aber im Vergleich zum Vormonat deutlich auf, wo der Rückstand noch satte -20% betragen hatte.
In der Tagesbetrachtung ist deutlich zu erkennen, wie die Umsätze seit Anfang August stetig zulegen. Anders als in der üblichen Saisonalität ist im Jahr 2023 für einmal keine «Herbstdelle» zu verzeichnen. Es fragt sich nur, warum trotz der überall zu hörenden schwächelnden Wirtschaft gerade jetzt der Umsatz beim Reseller zulegt.
Ein Blick in den Preis-Monitor gibt eine deutliche Antwort: Die Preise fallen spürbar weiter. Mit im Durchschnitt -13% werden IT-Artikel stark rabattiert angeboten. Die Lager bei den Distris sind weiter voll und die Hersteller drängen bereits mit neuen Produkten wieder auf den Markt. Selbst der erfolgsverwöhnte Apple-Konzern hat in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal neue Hardware präsentiert.
Überfällige Zeitenwende
Das wieder zunehmende Geschäftsvolumen mit IT-Artikeln zeigt, dass prinzipiell ein Bedarf für IT-Produkte vorhanden ist. Die fallenden Preise zeigen aber auch, dass bessere Technik von den Kunden nicht wie gewohnt honoriert wird. Ein schnellerer Rechner oder eine bessere Benutzerfreundlichkeit von Hard- und Software hilft nicht, die aktuellen Alltagsprobleme zu lösen. Denn trotz jahrelanger, hoher und umfangreicher Investitionen in die Digitalisierung ist kaum ein Produktivitätsfortschritt zu verzeichnen.
Immer mehr Strategie-Abteilungen und Führungskräfte erkennen, dass sie ihre Geschäftsprozesse grundsätzlich neu aufstellen müssen und dabei auch anders vorgehen müssen. Es gilt erst das «Wozu» zu bestimmen und dann das «Wie» und «Womit» darauf auszurichten. Lange war es andersherum und die neuen technischen Möglichkeiten haben sich selbst ihre Einsatzorte gesucht. Die User und Kunden wurden leider zu oft auf diese Reise nicht angemessen mitgenommen.
Aufräumen ist angesagt
Mit dem Begriff «digitaler Flickenteppich» wird genau diese unzufriedene User-Perspektive jetzt in den Fokus gerückt. Handwerker kennen das: Es ist leicht, ein neues Werkzeug zu ergänzen, aber schwer sich von einem alten zu trennen. Der Werkzeugkasten wird immer voller und kann irgendwann nicht mehr getragen werden. An diesen Punkt sind die Digitalisierung und Vernetzung jetzt angekommen.
Best-Practise für eine solche Herausforderung ist, sich auf seine Aufgabe, seinen Bereichsauftrag und seine Vision zu fokussieren. «Start with why», wie es Simon Sinek seit Jahren propagiert, wird zur Kernkompetenz für alle Führungskräfte, Projektleiter und jeden Mitarbeiter. Wenig überraschend fokussiert sich dann vieles wieder auf die seit langem bekannten Kernprozesse: Vertrieb, Einkauf, Produktion, Betrieb und Verwaltung. Diese sind dann sauber zu digitalisieren und zu integrieren.
Wer zu spät mit dem Aufräumen anfängt, den bestraft das Leben. Reseller, die sich jetzt auf diese neuen Erwartungen und Vorgehensweisen einstellen können, winken grosse Chancen. Für die anderen wird es eng. Evolution ist brutal, nicht sozial und sehr konsequent. Der evolutionäre Auswahlprozess hat sich bewährt und einen deutlich längeren Track-Record als alle Management- und Technikmodelle.
Warum sollte es diesmal anders sein?
Thomas Czekala
Senior Partner
ProSeller AG
thomas.czekala@proseller.ch
Thomas Czekala ist Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat in diversen Rollen als Controller und Data Analyst gearbeitet. So z.B. als Group Controller der Scout24 AG und CFO der JobScout24 International AG. Er ist als Gesellschafter, Beirat, Verwaltungsrat und Consultant in verschiedenen Branchen aktiv und hat dadurch Einsicht in viele aktuelle Trends.
Zum ICT-ReSeller-Index
Der Index ist ein Service der ProSeller AG, die mit der Applikation Concerto unangefochten der grösste B2B Online-Marktplatz für ICT-Artikel in der Schweiz ist. Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Beschaffungsaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung von Concerto und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,2 Mrd. CHF bzw. rund 20 TSD Abfragen pro Tag. Concerto bündelt und harmonisiert täglich die aktuellen Daten von mehr als 60 angeschlossenen Distributoren mit über 1.3 Mio. verfügbaren Artikeln von über 7’000 Herstellern. Für über 2‘300 Einkäufer und damit 90% aller relevanten Schweizer ICT-Reseller stellt „Concerto“ damit seit 2001 das digitale Rückgrat ihres Ein- und Verkaufs von ICT-Artikeln dar.
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