Die Party ist vorbei. Was braucht der Neustart?
Auch der November 2022 startet wie jedes Jahr mit einem deutlichen Plus von +15% zum Vormonat in den Jahresendspurt, nur leider auf einem sehr niedrigen Niveau. In den Vormonaten hat der ICT-Reseller-Index durch mindestens zwei starke externe Impulse kontinuierlich an Schwung verloren und liegt per Ende November mit rund -11% unter Vorjahr. Die aktuelle Wirtschaftslage wird inzwischen als „Poly-Krisen-Situation“ bezeichnet und für 2023 eine wirtschaftliche Rezession erwartet.
Interessanterweise hat sich die messbare Teuerung für ICT-Artikel in der Schweiz deutlich entspannt. Mit noch knapp 2% höheren Preisen im Vergleich zum November 2021 kann inzwischen fast wieder von Preisstabilität in diesem Sortimentsbereich gesprochen werden. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch, dass sich die aktuellen Preise auf einem deutlich höheren Niveau bewegen als noch 2020. Der über fast alle Artikel zu beobachtende Preissprung von November 2020 auf November 2021 im Umfang von gut 20% belastet Investitionen und Projekte weiter auf breiter Front.
Höhere Energiekosten, unsichere Supply-Chains, Produktionsausfälle in China und steigende Zinsen sind nur einige der aktuellen direkten Herausforderungen von Unternehmen und Privatpersonen. Langfristig Sorgen bereiten die ungelösten Probleme zum Klima und dem demografischen Wandel. Als Folge davon sind überall Ratlosigkeit und viele Fragezeichen in den Gesichtern abzulesen. Die weit verbreitete Konsequenz und Reaktion ist, in solchen Fällen erst einmal nichts zu tun und seine Kräfte zu schonen. Genau das ist aktuell zu beobachten.
Immer öfter wird jetzt – bevor Geld ausgegeben wird – wieder die Sinnfrage gestellt und das ist auch gut so.
Die Zeiten der gut gefüllten, tiefen Taschen und mutiger Investitionen in innovative Technologien sind wohl erst einmal vorbei. Seit 2007 wurde die globale Wirtschaft mit einer Geldflut und sogar negativen Zinsen zum Konsum und zu Investitionen gezwungen. Ehrlicherweise waren diese Jahre die Sonderkonjunktur und wir sind jetzt eher wieder auf dem Weg zur Normalisierung.
In den letzten Jahren wurde auch zu viel naives Vertrauen in Technik gesetzt, insbesondere digitale Technik. Eine wieder realistischere Einstellung zur technischen Realisierbarkeit insbesondere unter Einbezug der Erfolgskomponente „Mensch“ wäre wünschenswert. Ukraine, Corona aber auch die plötzliche Pleite der Kryptobörse FTX waren starke Signale für viele Manager, generell über die Bücher zu gehen. Blockchain Projekte werden genauso beendet wie der kurzfristige Traum vom selbstfahrenden Auto. Sehr erfolgreiche Big-Tech-Firmen wie Meta/Facebook aber auch Google bauen Personal ab. Sie werden wissen warum.
Wer sich wappnet und auf einen Sturm vorbereitet, räumt seinen Laden auf.
Und das ist gut so und seit langem überfällig. Wer zu spät damit anfängt, dem droht eine Situation wie der im Überlebenskampf befindlichen Credit Suisse. Wer zu lange zu viele Risiken eingeht, der muss zwangsweise irgendwann scheitern. Das sind simple, mathematische Zwangsläufigkeiten.
Die ICT-Branche ist nicht ganz unschuldig an der jetzigen als instabil zu bezeichnenden Situation. Der seit mindestens 20 Jahren laufende fast dogmatische Zwang zur „digitalen Transformation“ hat zu einem gigantischen digitalen Flickenteppich unzähliger Software-Anwendungen und Installationen geführt. Diesen im Griff zu behalten und den Überblick nicht zu verlieren wird immer schwieriger. Ziel ist, in Zukunft mit weniger Ressourcen stabilere Systeme zu implementieren und zu betreiben, die auf breiter Front helfen, das Leben besser und sicherer zu machen. Das war das eigentliche Versprechen der IT, bzw. EDV wie sie früher genannt wurde.
Thomas Czekala ist Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat in diversen Rollen als Controller und Data Analyst gearbeitet. So z.B. als Group Controller der Scout24 AG und CFO der JobScout24 International AG. Er ist als Gesellschafter, Beirat, Verwaltungsrat und Consultant in verschiedenen Branchen aktiv und hat dadurch Einsicht in viele aktuelle Trends.
Zum ICT-ReSeller-Index
Der Index ist ein Service der ProSeller AG, die mit der Applikation Concerto unangefochten der grösste B2B Online-Marktplatz für ICT-Artikel in der Schweiz ist. Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Beschaffungsaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung von Concerto und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,2 Mrd. CHF bzw. rund 20 TSD Abfragen pro Tag. Concerto bündelt und harmonisiert täglich die aktuellen Daten von mehr als 60 angeschlossenen Distributoren mit über 1.3 Mio. verfügbaren Artikeln von über 7’000 Herstellern. Für über 2‘300 Einkäufer und damit 90% aller relevanten Schweizer ICT-Reseller stellt „Concerto“ damit seit 2001 das digitale Rückgrat ihres Ein- und Verkaufs von ICT-Artikeln dar.
Tagged Digitalisierung, ICT-Index, ICT-ReSeller-Index, Business to Net