Der Sommerloch-Tiefpunkt August überrascht mit einem Monatswert von 64 Punkten nicht wirklich. Er ist zwar nur leicht gegenüber Juli gefallen (-1%), liegt aber mit -18% deutlich unter dem August vom Vorjahr. Kumuliert auf alle Monate zeigt sich bis jetzt ein Rückgang von -17% über das gesamte ICT-ReSeller-Sortiment gegenüber 2015. Im August ist eine leichte Zunahme auf Nachkommastellen zu verzeichnen und die Lage sieht scheinbar stabil aus. Die Höhe des Rückgangs zeigt aber die wahre Dramatik auf – stabil ist letztendlich nur die starke Veränderung.

ICT ReSeller Index August 2016 / Schweiz gesamt

Betrachten wir die Sortimentsbereiche im Einzelnen, dann ist das Feld insgesamt schwach, aber in den Randsortimenten besser als im Kerngeschäft. „Andere Artikel“, „Komponenten“ und „Zubehör“ können ihren Umsatzanteil im Sortiment zum Teil deutlich steigern, wobei selbst der scheinbare Gewinner „Andere Artikel“ kumuliert nur -6% zum Vorjahr vorweisen kann. Neben dem Umsatz gehen ebenfalls die Preise pro verkauften Artikel um fast -8% zurück.

ICT ReSeller Index August 2016 / MonatsvergleichAuch hier kann der Sortimentsbereich „Andere Artikel“ zumindest positive Signale setzen und legt um fast 13% im Durchschnittspreis zu.

Der Reseller muss der Markt-Veränderung in der Schweiz mit ihrer durchschnittlich guten Bildung und guten Infrastruktur ins Auge schauen. Im Zeitalter von Internet, Vergleichs-, Bewertungs- und Erfahrungsportalen treten das klassische Produktmarketing und der Produktvertrieb zunehmend in den Hintergrund. Waren früher die Verkäufer Dreh- und Angelpunkt bei den Kaufentscheidungen, so kommen heute die Kunden bereits gut informiert in den Laden oder auf den Online-Webshop. Der klassische Point of Sale ist immer seltener der Entscheidungspunkt für Käufer.

ICT-Kompetenz wird immer gefragter

Nicht alles ist negativ und die vielen positiven Stimmen aus unserem Reseller-Netzwerk zeigen ein insgesamt durchaus optimistisches Bild. Da es sicher niemals die vollständige, virtuelle Realität geben wird, wird es auch immer Produkte mit individuellen Konfigurationen und Vernetzungen dieser Produkte brauchen. Auch ist sicher, dass das Customizing und das Einbinden in zunehmend technische Netze nicht einfacher werden.

Das Gehirn des Menschen hat jedoch in den letzten 10’000 Jahren keinen Release-Update erhalten ;-) Die zunehmende Komplexität der Produkte und Anwendungen wird immer weniger durch Autodidakten und „Trial and Error“-Anwender befriedigend erfolgen können. Der Reseller der Zukunft wird hier, sowohl bei Privat- als auch bei Geschäftskunden, ausreichend Bedarf für Services und Beratung finden.

Auch das steigende Durchschnittsalter der Schweizer Bevölkerung und die zunehmende Beliebtheit von ICT-Produkten in allen Altersschichten und Unternehmens-Geschäftsfeldern weisen auf diesen Bedarf hin. Die Transformation zur digitalen Gesellschaft mag vielleicht zu weniger dezentralen Hard- und Software-Lösungen führen, sie wird aber überall deutlich mehr ICT-Kompetenz erfordern.

 

Thomas Czekala, Verwaltungsrat ProSeller AGThomas Czekala
Verwaltungsrat ProSeller AG

Bericht auf IT-Markt.ch

 

Über den Autor: Thomas Czekala ist Partner, Gesellschafter und Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat zudem Mandate verschiedener anderer Firmen im Umfeld von Digitalisierung, Marktplätzen und weiteren innovativen Trends. Zusammen mit dem ProSeller-Team baut er für Kunden neue Marktplätze auf und arbeitet an der Weiterentwicklung des firmeneigenen ProSeller B2B E-Commerce-Marktplatzes auf Concertopro.ch, der inzwischen ein jährliches Einkaufsvolumen von über 1,5 Milliarden Franken verarbeitet. Er berät und hält Vorträge zu Fragen der Digitalisierung und Transformation. Als zertifizierter SAFe 4 Agilist und ehemaliger Manager und Gesellschafter der Scout24-Gruppe beherrscht er die modernen Projektmanagement- und Führungsmethoden im unsicheren Innovationsumfeld und kann auf ein breites Feld von Erfahrungen zurückgreifen.