Adhoc ICT News Beitragsbild März

Was bisher richtig war, ist zukünftig nicht mehr erfolgreich. Der Zeitenwandel erfordert zwingend neue Strategien, gerade IT muss eigene Rolle neu finden.

Klare Muster der Big Data Welt

Wie jeden Monat bedeutet der Blick in die Welt der Business-Daten aus einer Ballonperspektive eine analytische Herausforderung. Als grösster Schweizer B2B-Marktplatz für ICT-Artikel können wir als seriöse Grundlage auf zig-tausende Suchanfragen unserer User schauen. In der Masse dieser Big-Data-Welt lassen sich klare Muster erkennen. Gerade jetzt ist das sehr aussagekräftig und spannend.

Der ICT-Reseller-Index ist von Februar auf März wie erwartet saisonal leicht gefallen. Dieses Jahr um nur -3%. Die monatliche Kurve ist damit etwas flacher als auch schon. Auffällig ist, dass diese 2023 insgesamt auf niedrigerem Niveau verläuft als im Vorjahr (-16%) als jedoch nach Corona eine Aufbruchsstimmung herrschte.

Der Ukraine-Krieg war zwar Ende Februar 2022 schon gestartet, aber Westeuropa hatte sich noch nicht als Beteiligter verstanden. Die Finanzwelt war noch stabil auf Niedrig-Zins eingestellt und hat die Wirtschaft mit billigem Geld versorgt. ChatGPT war noch nicht in Sicht und die Energieversorgung schien gesichert. Business as usual, zumindest im Q1-2022.

Zögerliche Bestellungen

Ein Blick auf den Tagesverlauf des Index im ersten Quartal 2023 bestätigt diese Besonderheit einer sehr flachen Kurve der Einkaufsaktivitäten. Unaufgeregt würde man sagen, weder Höhen noch Tiefen im ersten Quartal 2023. Zusätzlich scheint die Teuerung im IT-Segment inzwischen vorerst vorbei zu sein.

Nur sehr leicht um knapp +1% steigen die Preise in diesem Segment im 12-Monatsverlauf. Ganz anders als bei Lebensmitteln und vielen anderen Bereichen, bei denen spürbar an der Preisschraube gedreht wird.

Aktuell wird nur das nötigste an ICT-Bestellungen platziert. Weniger geht nicht und für mehr mit grösseren Projekten fehlt die klare strategische Perspektive. Demografischer Wandel, Dekarbonisierung, Deglobalisierung und Debt (Schulden) sind die vier «D», auf die es in der Summe weder langfristig noch kurzfristig aktuell klare Antworten gibt. Ohne generelle Antworten gibt es aber keine Investitionen in die Zukunft.

Suche nach neuen Strategien

Die Gesellschaft ist auf vielen Fronten gerade in einer Findungsphase. In absehbarer Zeit wird es keine Autos mit Verbrennermotoren mehr geben, Gas- und Ölheizungen dürfen nicht mehr ersetzt werden. Die lange als Königsweg propagierte Entmilitarisierung der Industrienationen hat sich als Fehler erwiesen und China wird von der globalen Werkbank zur Weltmacht neben den USA.

Die Finanzindustrie bricht unter der selbst gewählten, komplexen Struktur an immer mehr Stellen zusammen. Im Arbeitsmarkt ist der Wechsel vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt bereits vollzogen und nun ist die AI mit der Killer-Applikation ChatGPT innert kürzester Zeit in diverse Aufgabenbereiche bereits produktiv eingezogen.

Die bewährten Strategien mit Fokus auf Steigerung des Vertriebserfolgs und Optimierung der Effizienz durch extreme Arbeitsteilung greifen plötzlich nicht mehr. Die damit gross gewordenen Strategen in den Unternehmen sind mit ihrem Latein am Ende. Statt sich neu zu positionieren, wird zugewartet. Die Hoffnung, dass die alte Zeit zurück kommt, ist an vielen Stellen zu spüren.

Vieles wird bleiben

Grundsätzliche Themen werden sich nicht ändern. Handel wird es aber immer geben, nur die Art und Weise wie er abläuft verändert sich. Lange und fragile Lieferketten gilt es zu stabilisieren. Partner für Second-Sourcing müssen aufgebaut werden und die im Just-in-Time Zeitalter aufgelösten Lagerbestände müssen wieder aufgefüllt werden. Liquidität wird wieder zum Erfolgsfaktor.

Digitale Unterstützung in der Beschaffung muss wieder bewusster aufgesetzt werden, um selbst auch bei Stromausfall oder Wechsel und Wegfall von Mitarbeitern das Geschäft nicht zu gefährden. Einkaufspreise und das Wissen um aktuelle wie auch zukünftige Bestände wird für den Einkauf und den ganzen Betriebserfolg zunehmend wieder wichtig.

So wie früher, vor dem billigen Geld und den globalen Beschaffungsstrukturen. Der Gewinn liegt zu einem Grossteil im klugen Einkauf. Der Handel muss sich jetzt parat machen, um auf das zu erwartende, bald anziehende Geschäft vorbereitet zu sein.

Sobald sich die strategische Nebelsituation bei den Unternehmen gelegt hat und diese bewusst und gezielt in die neue Zeit mit den 4-D (Demografie, Deglobalisierung, Dekarbonisierung, Debt) starten, braucht es die ICT-Reseller. Denn eines ist sicher: die Digitalisierung startet jetzt mit KI und der Umstellung auf lokalere Lieferanten in eine neue Phase. Und das mit einer sehr hohen Geschwindigkeit.

Thomas Czekala
Senior Partner
ProSeller AG
thomas.czekala@proseller.ch


Thomas Czekala ist Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat in diversen Rollen als Controller und Data Analyst gearbeitet. So z.B. als Group Controller der Scout24 AG und CFO der JobScout24 International AG. Er ist als Gesellschafter, Beirat, Verwaltungsrat und Consultant in verschiedenen Branchen aktiv und hat dadurch Einsicht in viele aktuelle Trends.

Zum ICT-ReSeller-Index
Der Index ist ein Service der ProSeller AG, die mit der Applikation Concerto unangefochten der grösste B2B Online-Marktplatz für ICT-Artikel in der Schweiz ist. Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Beschaffungsaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung von Concerto und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,2 Mrd. CHF bzw. rund 20 TSD Abfragen pro Tag. Concerto bündelt und harmonisiert täglich die aktuellen Daten von mehr als 60 angeschlossenen Distributoren mit über 1.3 Mio. verfügbaren Artikeln von über 7’000 Herstellern. Für über 2‘300 Einkäufer und damit 90% aller relevanten Schweizer ICT-Reseller stellt „Concerto“ damit seit 2001 das digitale Rückgrat ihres Ein- und Verkaufs von ICT-Artikeln dar.

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