Mit KI und Cloud treffen zwei Megatrends auf eine bereits digitale aber immer mehr überforderte Gesellschaft. Dies ist eine Chance für clevere ICT-Reseller.

Der April ist generell ein Monat mit vielen Feiertagen und üblicherweise eher schwach für den ICT-Reseller. Mit einem Rückgang zum Vormonat von -27% verliert er dieses Jahr aber besonders deutlich. Mit Blick zum Vergleichsmonat im Vorjahr wird die angespannte Marktsituation besonders deutlich, denn der April 2024 liegt -23% unter dem April vom letzten Jahr.

Es ist offensichtlich, dass sich der ICT-Markt für lokale und dezentrale Hardware in einem Umbruch befindet. Dieses gilt nicht nur für die Schweiz, sondern ist eine seit längerem global zu beobachtende Entwicklung. Und dabei spielt das  schwächelnde Wirtschaftsumfeld mit Rezessionstendenzen im Schweizer Umfeld sogar nur eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sorgen neue technologische Möglichkeiten verbunden mit neuem Verhalten in breiten Kreisen der Gesellschaft für eine Neusortierung der ganzen ICT-Welt.

Doppeltrend Cloud+KI

Mit immer anspruchsvolleren Anwendungen, Betriebssystemen und besserem Internet degradieren die Anbieter von Cloud-Rechenzentren die dezentralen Devices zu charmanten Input-Output-Maschinen. Lokal braucht es nur noch eine übersichtliche Funktionskompetenz. Die grossen Cloud-Anbieter wie Microsoft, Amazon und Google wachsen seit mehreren Jahren ungebrochen. Mit deutlich zweistelligen Raten legen sie immer mehr an purer Grösse und Marktdominanz zu, getrieben von ihren Cloud-Geschäftsmodellen.

Der zusätzliche Durchbruch allgemein verfügbarer KI-Anwendungen wie chatGPT wirkt auf diesen Trend zur Cloud wie ein Turbo-Lader. Die offensichtlich überall nützlichen KI-Anwendungen können mit den nötigen unvorstellbar grossen Datenmengen und komplexen Strukturen nur noch in sehr grossen Rechnerverbunden realisiert werden. Das Rückgrat dafür ist die Cloud und dahinter die Rechenzentren von sehr wahrscheinlich immer weniger und immer grösseren Cloud-Anbietern.

Digitale Transformation der Gesellschaft

Der Cloud+KI-Trend trifft auf eine gut vorbereitete Nutzerwelt. «Always-Online» ist für die jüngeren Generationen gelebte Realität, seit sie denken können, und selbst die heutigen Pensionäre werden panisch, wenn ihr Smartphone einmal ausser Reichweite liegt. Der persönliche und allzeit verfügbare Zugang zum Internet hat inzwischen den Stellenwert eines zusätzlichen Sinnesorgans oder Körperteils.

Selbst das schwächste Smartphone mit KI und der Cloud dahinter macht heute Standardwissen global und ohne gesellschaftliche Grenzen allen Menschen verfügbar. Lernintensive Berufe wie z.B. Lehrer, Arzt oder Anwalt müssen sich grundsätzlich neu aufstellen. Online-Marktplätze, Buchungsplattformen für Hotels und Events aber auch Social-Media sind heute Allgemeingut und nicht mehr Wegzudenken. Wie war das früher? Heute unvorstellbar.

Die Zukunft beginnt jetzt

Die Cloud verbunden mit KI-Anwendungen führt spürbar zur Veränderung von Geschäftsmodellen. So wird die Leistung der Hardware direkt beim User immer weniger wichtig. Sehr gut sichtbar ist dies u.a. beim Vorzeigeunternehmen Apple. Die Iphone Umsätze gehen spürbar zurück und die Cloudumsätze steigen.

Immer grössere Teile der privaten und professionellen IT-Budgets wird von Hardware weg und in Cloud-, Online- aber auch Offline-Dienstleistungsservices verschoben.

Zusätzlich ist die Phase der starken Dominanz zur Digitalen Transformation in den Führungsetagen vorbei. Die Bewältigung des demographischen Wandels, dem Steuern durch immer unsicherere Rahmenbedingungen aber auch die Bewältigung einer zunehmenden Bürokratisierung und einer oft zu grossen Komplexität von Prozessen und Strukturen sind ebenfalls „mission critical“.

Kunde im Mittelpunkt

Mit diesen neuen Rahmenbedingungen verändert sich auch die Welt für den ICT-Reseller. Zum einen wird er stärker hinterfragt und zum anderen muss er IT für seine Kunden einfacher machen. Weniger ist oft mehr. ICT ist ausserhalb der ICT-Blase vielfach ungeliebter Stressfaktor und Zeitfresser.

Dafür muss der Kunde mit seiner Situation und seinen individuellen Herausforderungen richtig verstanden werden. Viele ICT-Reseller denken noch zu stark rein aus der IT-Perspektive und direkt in IT-Lösungen. Zu wenig werden die Bedürfnissen, Prozesse aber auch Limitationen der Kunden ehrlich ernst genommen.

Die Fähigkeit sich in Kunden hineinzudenken und die für ihn passende Lösung zu finden, wird zum nötigen ICT-Reseller-Skill. Firmen wie Microsoft haben dies bereits erkannt. So beschäftigt Microsoft Partner-Manager, die auf Basis des Nutzungsverhaltens ihren Kunden proaktiv günstigere Optionen anbieten. Bewusst wird damit Umsatz und eigene Marge reduziert, zugunsten der Kunden-Zufriedenheit. Oft lag Microsoft mit seinen Strategien in der Vergangenheit richtig.

ICT-Reseller bleibt Schaltzentrale

Trotz neuer Rahmenbedingungen kann sich der ICT-Reseller freuen. Mit seiner Ausrichtung auf Beratung, Handel und Service («Drei-Bein-Reseller») ist er gut auf diese neue Situation vorbereitet.  Alle drei Beine sind auch weiter nötig, müssen aber neu justiert werden. Wer die Kundenperspektive zu seiner macht und den Kunden mit einfachen passenden Lösungen bedient wird Teil dieser neuen Zukunft sein.

Thomas Czekala
Senior Partner
ProSeller AG
thomas.czekala@proseller.ch


Thomas Czekala ist Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat in diversen Rollen als Controller und Data Analyst gearbeitet. So z.B. als Group Controller der Scout24 AG und CFO der JobScout24 International AG. Er ist als Gesellschafter, Beirat, Verwaltungsrat und Consultant in verschiedenen Branchen aktiv und hat dadurch Einsicht in viele aktuelle Trends.

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Der Index ist ein Service der ProSeller AG, die mit der Applikation Concerto unangefochten der grösste B2B Online-Marktplatz für ICT-Artikel in der Schweiz ist. Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Beschaffungsaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung von Concerto und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,2 Mrd. CHF bzw. rund 20 TSD Abfragen pro Tag. Concerto bündelt und harmonisiert täglich die aktuellen Daten von mehr als 60 angeschlossenen Distributoren mit über 1.3 Mio. verfügbaren Artikeln von über 7’000 Herstellern. Für über 2‘300 Einkäufer und damit 90% aller relevanten Schweizer ICT-Reseller stellt „Concerto“ damit seit 2001 das digitale Rückgrat ihres Ein- und Verkaufs von ICT-Artikeln dar.

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