Der April 2018 liegt mit 65 Punkten um -9% unter März, was zur üblichen Saisonalität passt. Im 2017 büsste der April gegenüber dem März noch -16% ein. Auch wenn der „April-Taucher“ dieses Jahr etwas moderater ausfiel, bleibt das Vorjahr kumuliert weiter ausser Reichweite. Bislang ist im 2018 ein gesamter Index-Verlust von 17% zu verbuchen, der jedoch im Wesentlichen aus der deutlich geringeren Absatzmenge resultiert. Der Blick mit Fokus auf den Umsatz zeigt ein etwas besseres Bild.

Mit immer höherwertigeren Artikeln steigt der Durchschnittspreis der verkauften Artikel im Channel innert einem Jahr um fast 15%. Der Umsatz im April 2018 ist damit um rund 4% höher, als sein Vergleichswert im Vorjahr, dies jedoch leider bei stetig weiter fallenden Absätzen.

ICT-ReSeller-Index April 2018 / Schweiz gesamt

Wie geht es weiter?

2017 bot eine kurze Pause auf der weiterlaufenden Achterbahnfahrt. Im 2018 haben wir, wie beim Gamen, ein neues Level erreicht, das uns mit einem zusätzlichen Schwierigkeitsgrad konfrontiert. Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass die seit rund 200 Jahren auf physische Produkte fokussierte, kapitalistische Wirtschaft einen spürbaren Bruch erlebt. Die neue, digitale Plattformökonomie ermöglicht immer mehr Services, ohne gleichzeitig entsprechend linear mehr Hardware zu verursachen.

War früher eine Nutzung von einem Gut alleine durch den Erwerb eines neuen Stückes Hardware möglich, so sind heute immer mehr Services fast beliebig multiplizierbar – mit vernachlässigbaren, zusätzlichen Kosten pro neuem Kunden. Man spricht von der „Grenzkosten-Null-Ökonomie“, wenn beispielsweise Google, Uber, Airbnb, Amazon und Facebook ohne Kosten neue Kunden in ihre Service-Architektur aufnehmen. In diesem Fall werden weder beim Hersteller noch Kunden wesentliche zusätzlichen Kosten verursacht, zumindest was die Hardware betrifft. Für Service wird der Kunde dagegen zunehmend mehr ausgeben müssen.

Das ist erst der Anfang

„XYZ-as-a-Services“, verbunden mit einem sich beschleunigenden Trend zur Digitalisierung und Sharing-Economy, haben gerade erst begonnen, bestehende Geschäftsmodelle in Frage zu stellen. Einige Branchen sind bereits stärker betroffen und andere wiegen sich noch in Sicherheit. Die im Wesentlichen digitale Medienwelt ist bereits seit 20 Jahren in der digitalen Transformation. Die ebenfalls fast ausschliesslich virtuelle Finanzwelt durchläuft diese seit mindestens 10 Jahren, der Tourismus seit rund 5 Jahren. Eher klassische Branchen wie die Autoindustrie beginnen gerade, sich darauf einzustellen und ihre Unternehmensstrukturen entsprechend vorzubereiten.

Immer mehr Firmen scheitern aber an der digitalen Transformation. Ihre Bedürfnisse werden immer vielschichtiger und die möglichen Lösungen immer komplexer. Selbst Grosskonzerne mit ausgewiesener Expertise haben die neuen Herausforderungen kaum noch im Griff. Was theoretisch denkbar ist, lässt sich noch lange nicht praktisch umsetzen. TESLA schafft es nicht, eine Massenproduktion für das Modell X auf die Beine zu stellen, obwohl sie über beliebig viel Kapital verfügen. Facebook ist nicht in der Lage, die geforderten Datenschutzregelungen umzusetzen. Swisscom mit Coop scheitern daran, einen relevanten Online-Marktplatz in der Schweiz zu etablieren, trotz ausgewiesener Kompetenz und Finanzstärke. Siroop ist Ende 2018 Geschichte.

Treiber und Getriebene der Transformation

Mittendrin in der digitalen Transformation hat der ICT-Reseller die Rolle des Mediators übernommen. Auch er schaut immer noch zu oft mit der Hardware-Brille und denkt gerne an die vermeintlich guten alten Zeiten zurück. Etwas vereinfacht formuliert gab es früher die übersichtliche 1:1:1 Relation. Das heisst, ein Kundenbedürfnis konnte mit einer überschaubaren in sich geschlossenen Hardwarelösung bedient werden. Der Reseller konnte und musste deshalb im Wesentlichen über Produktkompetenz verfügen. Ihm zur Seite standen in klarer Abgrenzung und auf ihre jeweiligen Rollen fokussiert die Hersteller und Distributoren.

Heute sieht sich der Reseller mit einer neuen Relation konfrontiert. Ein Kunde hat viele Bedürfnisse, die er mit einer integrierten offenen Lösung bedient haben will. Für den Reseller heisst es jetzt, die Aufgabe 1:x:1:y  zu lösen. Er wird zum Solution Designer, wenn der Kunde ihm die Rolle überlässt. Der Reseller muss die Fragestellung des Kunden (x)  und die geforderten Schnittstellen (y) zu anderen Systemen erst genau erfassen und verstehen, bevor er ein mögliches Lösungsdesign vorschlagen kann. Und genau das wird immer schwieriger.

IT-Reseller muss zum Qualitätspartner werden

Will der Reseller weiter als Qualitätspartner wahrgenommen werden, muss er seine Kompetenz dadurch zeigen, dass er seinen Kunden empfiehlt, weitere Partner als wichtige Spezialisten in die Fragestellung einzubeziehen. Die Fähigkeiten zum Rollenwechsel, das heisst vom Alleskönner zum Generalunternehmer und damit Netzwerkpartner, wird zunehmend zum kritischen Erfolgsfaktor. Das beinhaltet ebenfalls die Bereitschaft, den eigenen Umsatz mit den anderen Partnern zu teilen und flexibel auch andere Spieler bei eigenen Kunden zu positionieren.

Aus aktuellem Anlass

Das Ende von Siroop bedeutet nicht das Ende von Marktplätzen in der Schweiz. Gerade im B2B-Umfeld sind Marktplätze massiv auf dem Vormarsch, auch wenn B2C-Marktplätze deutlich mehr Medienaufmerksamkeit geniessen. Neben Amazon Business haben sich bereits andere grosse Spieler wie zum Beispiel mercateo auf diesem Gebiet im Ausland etabliert. Digitec, aber auch Brack versuchen sich hierzu in der Schweiz. Doch auch Concerto Buy, auf dessen Daten dieser Index basiert, ist letztendlich ein inzwischen riesiger Marktplatz, auf dem Kaufentscheidungen von über 1 Milliarde Franken pro Jahr getroffen werden.

Reseller müssen sich deshalb neben dem neuen Rollenverständnis auch überlegen, mit welchen Netzwerk- und Marktplatzpartnern sie zukünftig zusammenarbeiten wollen. Weiter alleine alle Themen bei allen Kunden zu bedienen, wird selbst für die ganz Grossen immer schwieriger werden. Die vom Kunden geforderte Qualität wird zunehmend nur noch durch ein Partnering verschiedenster Unternehmen mit unterschiedlichsten Grössenklassen und Fähigkeiten geleistet werden können.

Thomas Czekala, Verwaltungsrat ProSeller AGThomas Czekala
Verwaltungsrat ProSeller AG

Bericht IT-Markt
Bericht CEToday
Bericht Inside-Channels

 

Über den Autor: Thomas Czekala ist Partner, Gesellschafter und Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat zudem Mandate verschiedener anderer Firmen im Umfeld von Digitalisierung, Marktplätzen und weiteren innovativen Trends. Zusammen mit dem ProSeller-Team baut er für Kunden neue Marktplätze auf und arbeitet an der Weiterentwicklung des firmeneigenen ProSeller B2B E-Commerce-Marktplatzes auf Concertopro.ch, der inzwischen ein jährliches Einkaufsvolumen von über 1,5 Milliarden Franken verarbeitet. Er berät und hält Vorträge zu Fragen der Digitalisierung und Transformation. Als zertifizierter SAFe 4 Agilist und ehemaliger Manager und Gesellschafter der Scout24-Gruppe beherrscht er die modernen Projektmanagement- und Führungsmethoden im unsicheren Innovationsumfeld und kann auf ein breites Feld von Erfahrungen zurückgreifen.


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Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Suchaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung der Concerto-Software-Suite und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,5 Milliarden Franken bzw. rund 20’000 Abfragen pro Tag.
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