Die Zahlen sprechen für sich: der sonst eher gute Monat April ist mit nur noch 85 Punkten in diesem Jahr nach unten ausgebrochen. Diese -23% zum Vorjahreswert setzen ein deutliches Signal. Zum Vormonat März sind es immerhin -16% und das übliche Sommerloch im Juli / August kommt erst noch. Schaut man sich die Nachfragerückgänge zum Vorjahr in den einzelnen Kategorien an, so liegen Computer mit -31% an der Spitze der Verlierer vor Software und Komponenten mit je -20%, Storage -19%, Supplies -18%, Zubehör -15%, Peripheriegeräte -9% und Netzwerkkomponenten -7%.

Durch die sehr unterschiedlichen Rückgänge verschiebt sich – wie bereits schon in früheren ICT-ReSeller Index Reports erwähnt – die Sortimentsstruktur beim IT-Reseller. Das angestammte Hauptsegment „Computer“ nimmt an Gewicht ab und die Umsätze bei Peripherie, Zubehör und Netzwerk-Themen gewinnen hinzu. Computer haben nun noch 36% Anteil am Durchschnittsumsatz, während es vor 12 Monaten noch 40% waren. Peripherie, Zubehör und Netzwerk legen dagegen innerhalb der letzten 12 Monate von 32% auf 37% im Umsatzanteil beim Reseller zu.

Wohin die Nachfrage abwandert, ist kaum ein Geheimnis: Die hohe Preistransparenz im Internet sorgt für Verschiebungen zu Händlern mit punktueller Best-Price-Strategien und weg vom Fachhandel mit einer Mischkalkulation. Darüber hinaus drückt der harte Franken auf die Schweizer Händler und treibt Käufer ins nahe Ausland. Zusätzlich greift nun auch immer mehr spürbar der Cloud-Trend, so dass immer weniger Hardware dezentral benötigt wird.

ICT ReSeller Index April 2015 / Schweiz gesamt

ICT ReSeller Index April 2015 / Umsatzanteile Reseller

Diese Daten sind nur die nackte Wahrheit. Wie die von uns gemessenen Trends im Markt persönlich und individuell wahrgenommen werden, hören wir täglich in unseren Gesprächen mit den IT-Resellern. Diese Aussagen sind oft treffender als rationale Analysen, so dass wir eine Auswahl davon ab sofort im Kommentar zum ICT-ReSeller Index veröffentlichen.

Stimmen zur Situation aus dem IT-Reseller-Netzwerk

„ …brauchten die Konsumenten bei einem Währungskurs von 1.20 CHF/EUR noch ein gewisses Mass an mathematischem Talent, um einen Preis von 1’999 CHF mit einem Preis von 1’499 EUR zu vergleichen, so ist bei dem aktuellen Kurs von 1.04 CHF/EUR die Sache schon sehr einfach: sachlich, fachlich gleiche Artikel werden in der Schweiz auch nach dem 15.1.2015 zu deutlich höheren Preisen als auf der anderen Seite der Grenze verkauft…. “

„ … Die globale Transparenz der Preise durch das Internet macht es nun auch dem Letzten noch einfach und die technisch gut zu vergleichenden Artikel im ICT-Sortiment sind wieder als erste dran mit dem Preis-Striptease. …“.

„ … Es ist sogar noch schlimmer: Führt man als Schweizer die Ware dann auch sauber verzollt in die Schweiz ein, so kann ein Konsument auch noch an der Grenze einen Bonus einstreichen. Bei einem Kauf eines Laptops für z.B. 1’499 EUR in Österreich kann man bei der Einfuhr dann noch einmal die Mehrwertsteuerdifferenz einsammeln, womit dann dieser Laptop nur noch 1’349 EUR kostet. Sauber umgerechnet also 1’403 CHF oder 30% unter dem Schweizer Preis. Wer da schwach wird, dem kann man kaum mehr fehlenden Schweizer Patriotismus vorwerfen.“

„ ….Die Schweiz ist zu klein, als dass die Grenzen irgendwo weit weg wären. Nach nun zwei Monaten neuer Preisstellung haben viele Handelsorganisationen bereits EURO-Rabatte und „deutliche“ Preisreduktionen durchgeführt. Trotzdem bleiben oft immer noch bis zu 30% Preisdifferenz. Wie hoch war die Differenz dann erst noch früher?“

„ … mit zunehmender Kauferfahrung von Produkten im Ausland wird auch bei Dienstleistungen die Preisdifferenz immer sichtbarer. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann IT-Dienstleistungen auch im Ausland bezogen werden.“

„ … noch bis letztes Jahr waren Cloud- und Full-Service-Lösungen kaum den Kunden zu verkaufen. Die Angst vor Daten- und Kontrollverlust bei ausgelagerter IT sind kaum zu lösende Hürden gewesen. Inzwischen kommen aber immer mehr Firmen von alleine und wollen sich von der immer komplexer und teurer werdenden internen IT befreien. IT-Outsourcing und Cloud-Lösungen sind zunehmend salonfähig.“

„ …. Ein bisschen mehr arbeiten und kleine Verbesserungen werden nicht reichen: die Schweiz steht am Beginn einer neuen Zeit. Wir als schon sehr gebeutelte IT-Reseller sind leider als eine der ersten mit dabei, uns grundsätzlich neu aufstellen zu müssen.“

 

Thomas Czekala, Verwaltungsrat ProSeller AGThomas Czekala
Verwaltungsrat ProSeller AG

 

Über den Autor: Thomas Czekala ist Partner, Gesellschafter und Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat zudem Mandate verschiedener anderer Firmen im Umfeld von Digitalisierung, Marktplätzen und weiteren innovativen Trends. Zusammen mit dem ProSeller-Team baut er für Kunden neue Marktplätze auf und arbeitet an der Weiterentwicklung des firmeneigenen ProSeller B2B E-Commerce-Marktplatzes auf Concertopro.ch, der inzwischen ein jährliches Einkaufsvolumen von über 1,5 Milliarden Franken verarbeitet. Er berät und hält Vorträge zu Fragen der Digitalisierung und Transformation. Als zertifizierter SAFe 4 Agilist und ehemaliger Manager und Gesellschafter der Scout24-Gruppe beherrscht er die modernen Projektmanagement- und Führungsmethoden im unsicheren Innovationsumfeld und kann auf ein breites Feld von Erfahrungen zurückgreifen.