Der Oktober 2017 liegt mit 72,5 Punkten zum Monatsende um 3% über dem Vorjahr. Auch der Oktober unterstützt die bereits in den letzten Monaten kommunizierte These, dass sich das Handelsgeschäft bei den ICT-Resellern im 2017 auf dem bereits im Vorjahr gezeigten Plateau stabilisieren kann. Die massiven Verluste der letzten Jahre sind vorerst also weiter gestoppt. Die zum Vorjahr nun schon über vier Monate fast gleichlaufenden Geschäftsaktivitäten sind bislang einmalig in der Geschichte des ICT-Reseller-Index.

Auch im Oktober sind die Abweichungen zum Vorjahr auf Tagesbasis weiter deutlich geringer als in den Vorjahren. Seit dem 3. Juli 2017 lag kein einzelner Tag mehr als 7% neben seinem Vorjahreswert. Statistisch ebenfalls erwähnenswert ist die in 2017 deutlich gesunkene Volatilität der Indexwerte auf Tagesbasis. Hatten wir in 2015 für die ersten 10 Monate des Jahres noch eine Standardabweichung von 12 Punkten, so war diese in 2016 noch bei 9 und liegt in 2017 nur noch bei 7.6 für die bisherigen Tage in diesem Jahr.

ICT-Reseller Index Oktober 2017 / Schweiz gesamt

Weiter spannend wird, ob auch im 2017 der typische „Herbst-Knick“ zu beobachten sein wird, oder ob wir dieses Jahr von dieser Delle verschont bleiben. Letztes Jahr hatte die Wahl von Donald Trump weltweit für Verunsicherung gesorgt und im November ein tiefes Loch in den Umsatz der Schweizer Reseller gerissen. Inzwischen haben sich aber alle an diese neue Situation gewöhnt und es gibt keine Anzeichen für eine Wiederholung in diesem Jahr.

Der Blick auf die inzwischen abgeschlossenen 10 Monate 2017 zeigt eine stabile Fortschreibung des leichten, kumulierten Rückgangs von -3% über die bisherige Gesamtzeit. Mit bisher 6 Monatswerten über Vorjahr und 4 Monatswerten unter Vorjahr überwiegen die positiven Ergebnisse. Wir sind gespannt auf die letzten zwei Monate.

Auch inhaltlich scheint sich der Channel und sein Umfeld beruhigt zu haben. Der seit einiger Zeit durch die ICT-Szene gejagte Begriff „Digitale Transformation“ verbreitet inzwischen nicht mehr Panik, sondern wirkt sich stabilisierend auf die ICT-Reseller-Szene aus. Er kompensiert die fehlenden, technischen Innovationen und sorgt für gute Beratungs- und neue Servicegeschäfte. Eine individuelle Interpretation dieses Begriffs ist in den meisten Unternehmen der Schweiz bereits erfolgt und die damit verbundenen Massnahmen in die Budgets 2018 eingeflossen.

Wie wichtig ist „Digitale Kultur“?

Um einem absehbar sinkenden Beratungsbedarf entgegen zu wirken, wird nun mit dem Schlagwort „Digitale Kultur“ von einigen Beratungsunternehmen nachgelegt. Aktuell kursiert z.B. eine Studie von Capgemini Consulting mit dem Titel “Culture First!”. In ihr wird folgende These diskutiert und zum Schluss auch bestätigt: „Unternehmen mit einer digitalen Kultur haben grösseren wirtschaftlichen Erfolg und zufriedenere Mitarbeiter.“

Gemäss Capgemini sind es die folgenden wesentlichen Merkmale, die Unternehmen mit einer digitalen Kultur kennzeichnen: Kundenorientierung, digitale Technologien, digitalisierte Prozesse, Digital Leadership / Entrepreneurship, Agilität, autonome Arbeitsbedingungen, Kollaboration, Lernen und Innovation. Es stellt sich einzig die Frage, ob diese Trends so auf Basis USA wie auch Deutschland 1:1 auf die Schweizer Situation übertragbar sind. Gerade die Schweiz ist durch sehr kleinteilige Strukturen gekennzeichnet, die für amerikanische und auch deutsche Manager kaum zu begreifen sind.

Die Schweiz hat einen hohen Lebensstandard erreicht, der fast einmalig ist. Auch sind die Schweizer Produkte weltweit gefragt, so dass die Schweiz wie Deutschland zu den wenigen Ländern mit sehr hohem Exportüberhang gehört – trotz dem sehr starken Schweizer Franken. Der Franken ist so stark, weil die Schweizer Wirtschaft so erfolgreich ist. Nicht ohne Grund ist die Schweiz neben Deutschland, Südkorea und China auf der „Watchlist“ von Donald Trump. Es kann also nicht alles falsch sein, was in der Schweiz passiert.

Dieser sichtbare Erfolg der Schweizer Wirtschaft basiert auf einer KMU-Struktur, die bereits heute flexibel, effizient und kundenorientiert arbeitet. Es könnten deshalb oft auch einfachere und weniger komplexe Management-Methoden und Systeme in der Schweiz erfolgreich sein, als die grossen Beratungskonzerne uns weiss machen wollen. Von internationalen Consultants angebotene Standardprodukte müssen ja nicht generell und ungeprüft auch für die Schweizer Situation funktionieren.

Oder anders gesagt: Es gilt die These zu widerlegen, dass die Schweiz bereits heute sehr gut als modernes Schwarm-Konzept funktioniert. Dieser neue, partnerschaftliche Netzwerkansatz wird von Capgemini noch gar nicht als Erfolgsfaktor erkannt, ist aber in der beziehungsorientierten Schweiz bereits gelebte Kultur und Säule allen Handelns. Damit hätte die Schweiz sogar schon die nächst höhere Stufe der Erkenntnis, welche nach der digitalen Kultur folgt, erreicht. Es ist abzuwarten, wann Capgemini & Co. mit einem neuen Begriff und Beratungsstandard dieses Konzept versuchen zu standardisieren und zu kopieren.

Was bedeutet das für Schweizer Reseller?

Es gibt niemals nur den einen richtigen Weg. Erfolg ist nicht so einfach kopierbar, wie es Berater einem erzählen wollen, sondern muss auch unter Berücksichtigung der regionalen Kultur betrachtet werden. Der Schweizer Reseller muss also für sich selbst und auch für seine Kunden prüfen, was er von der neuen „Digitalen Kultur“ sinnvoll einsetzt und was besser nicht. Das Risiko besteht, durch sinnlose Digitalisierung von allem und jedem das eigentliche Erfolgsmuster in der Schweiz zu zerstören. Weniger ist oft mehr und diese Strategie kann langfristig existenziell für das eigene Geschäft sein.

Thomas Czekala, Verwaltungsrat ProSeller AGThomas Czekala
Verwaltungsrat ProSeller AG

Bericht Inside-Channels
Bericht IT-Markt
Bericht CE Today

 

Über den Autor: Thomas Czekala ist Partner, Gesellschafter und Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat zudem Mandate verschiedener anderer Firmen im Umfeld von Digitalisierung, Marktplätzen und weiteren innovativen Trends. Zusammen mit dem ProSeller-Team baut er für Kunden neue Marktplätze auf und arbeitet an der Weiterentwicklung des firmeneigenen ProSeller B2B E-Commerce-Marktplatzes auf Concertopro.ch, der inzwischen ein jährliches Einkaufsvolumen von über 1,5 Milliarden Franken verarbeitet. Er berät und hält Vorträge zu Fragen der Digitalisierung und Transformation. Als zertifizierter SAFe 4 Agilist und ehemaliger Manager und Gesellschafter der Scout24-Gruppe beherrscht er die modernen Projektmanagement- und Führungsmethoden im unsicheren Innovationsumfeld und kann auf ein breites Feld von Erfahrungen zurückgreifen.


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Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Suchaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung der Concerto-Software-Suite und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,5 Milliarden Franken bzw. rund 20’000 Abfragen pro Tag.
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