Neue externe Effekte und der digitale Flickenteppich erfordern Führungskräfte mit Weitblick und der Bereitschaft den Kurs zu korrigieren.

Dem Handel fehlen (noch) die positiven Zukunftsaussichten.

Das Jahr 2023 startet beim Reseller ziemlich genau auf der Kurve von 2021, also dem Vor-Vor-Jahr mit seinen Einschränkungen aus Corona. Zum Januar 2022 besteht eine Lücke von -15%, wobei das Vorjahr ausserordentlich positiv gestartet war, bis dann am 24.2.22 der Ukraine Krieg begann.

Bemerkenswert ist, dass im Januar 2023 die Teuerung wieder etwas angezogen hat. Lagen die beiden Vormonate November und Dezember mit einer Inflationsrate für ICT-Artikel von je unter 2% auf einem moderaten Niveau, so ist der Januar 2023 mit 4,1% Preissteigerung wieder deutlich höher.

Zeitenwechsel auf vielen Ebenen

Fakt ist, dass wir uns nach der sehr ruhigen Phase der Periode 2004 bis Anfang 2020 nun in einer Periode der Neuausrichtung befinden. War die Welt früher eher sicher, stabil und berechenbar, so ist aktuell keine klare Struktur oder Richtung zu erkennen.

Weder politisch, noch demografisch und auch bzgl. Klima oder zukünftiger Arbeitswelt sind nur Fragezeichen zu sehen. Rezessionstendenzen, schwacher Konsum, steigende Zinsen und die wiederaufflammende Inflation sind deshalb nachvollziehbar. Sie spiegeln die fehlende Perspektive und hohe Unsicherheit wider.

Mit einer gemeinsamen Vision und Strategie im neuen Kontext würde sich die Karawane wieder in Bewegung setzen lassen. Darüber hinaus zeigt die digitale Transformation an vielen Stellen Ermüdungserscheinungen. Projekte ziehen sich länger hin als geplant, kommen nicht zu den versprochenen Ergebnissen und werden dazu noch deutlich teurer.

In der Euphorie der letzten 20 Jahre wurden diverse Systeme, Applikationen und Konfigurationen ohne ganzheitlichen Blick implementiert. Vielerorts muss von einem «digitalen Flickenteppich» gesprochen werden, den es jetzt gilt wieder auf Kurs zu bringen.

Gekonnt den Kurs korrigieren

Die grossen Firmen aus dem «Big-Tech» wie Microsoft, Amazon, Meta und Google haben bereits in 2022 begonnen, strategische Korrekturen einzuleiten, inklusive der Entlassung einer grösseren Anzahl von Mitarbeitern.

In den Pressemitteilungen wird offen von Neuausrichtung, Fokussierung auf Projekte mit Wertbeitrag und korrigierte Wachstumsraten gesprochen. Diese Entscheidungen sollten als Vorbilder genommen werden, denn zu oft haben gerade diese Firmen gezeigt, dass sie die richtige Nase hatten.

Veränderungen der Rahmenbedingungen sind normal. Die eigene Positionierung, Prozesse, Systeme und auch das Team entsprechend anzupassen, gehört zum Leben von Führungskräften. Gerade das macht den Reiz aus und gerade solche Phasen führen zu neuen Erfolgsmodellen.

Gut ist, dass wir in der Schweiz über ausreichend Reserven und einer guten Basis an bewährten Strukturen verfügen, um eine solche Neuausrichtung zu stemmen. Fakt ist, es wird nicht wieder wie früher. Aber es wird immer gut.

Deshalb: Weniger ist definitiv mehr. Entscheidend ist, dass jetzt mit dem Aufräumen begonnen und nicht noch weiter gewartet wird. Irgendwann ist es zu spät dafür. Oder: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

 

Thomas Czekala
Senior Partner
ProSeller AG
thomas.czekala@proseller.ch


Thomas Czekala ist Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat in diversen Rollen als Controller und Data Analyst gearbeitet. So z.B. als Group Controller der Scout24 AG und CFO der JobScout24 International AG. Er ist als Gesellschafter, Beirat, Verwaltungsrat und Consultant in verschiedenen Branchen aktiv und hat dadurch Einsicht in viele aktuelle Trends.

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Der Index ist ein Service der ProSeller AG, die mit der Applikation Concerto unangefochten der grösste B2B Online-Marktplatz für ICT-Artikel in der Schweiz ist. Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Beschaffungsaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung von Concerto und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,2 Mrd. CHF bzw. rund 20 TSD Abfragen pro Tag. Concerto bündelt und harmonisiert täglich die aktuellen Daten von mehr als 60 angeschlossenen Distributoren mit über 1.3 Mio. verfügbaren Artikeln von über 7’000 Herstellern. Für über 2‘300 Einkäufer und damit 90% aller relevanten Schweizer ICT-Reseller stellt „Concerto“ damit seit 2001 das digitale Rückgrat ihres Ein- und Verkaufs von ICT-Artikeln dar.

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