Online-Talk: Was bewegt Unternehmen zur Zeit?
Normalität war gestern: Welche Herausforderungen müssen Sie in dieser schwierigen Covid19-Zeit bewältigen und welches sind Ihre Erfolgsrezepte, wirkungsvoll darauf zu reagieren? Was ist Ihren Kunden jetzt besonders wichtig? Wird der Online-Trend anhalten oder gibt es eine Veränderung nach einer möglichen Normalisierung? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, hat Daniel Rossi, ProSeller AG in der aktuellen Channel-Talk-Folge ein Online-Interview mit Adriano Cattola, Geschäftsführer bei Fairmatik in Muttenz, geführt.
Daniel Rossi: Ist das Thema Home-Office in Ihrer Firma auch ein Thema?
Adriano Cattola: Nicht aktuell ein Thema. Ich arbeite selbstständig und hatte immer schon eine Art Homeoffice-Lösung.
Was hat Sie am meisten in den letzten Covid19-geprägten Monaten gestört?
Die Art und Weise, wie von den Politikern kommuniziert wird, passt mir nicht. Ich wäre froh, wenn hier klare Ansagen gemacht würden. Ein Beispiel: Wenn vor dem 1. August die Wälder trocken sind, gibt es ein Feuer-Verbot. Hier wird immer nur an die Eigenverantwortung appelliert.
Sind Sie mit den Lieferservices zufrieden oder wie sollten sich diese Angebote verbessern?
Die Supply-Chain war im März und April natürlich am Anschlag und funktionierte nicht mehr richtig. Was ich verkaufen konnte (Notebooks, Webcams und Headsets), war nicht mehr verfügbar. Es erstaunt mich, dass dies immer noch anhält. Auch stört mich, dass am Freitagabend bestellte Ware, längst nicht am Montag eintrifft. Auch die Post scheint überfordert zu sein, denn was ich früher am Morgen erhalten habe, kommt nun mittlerweile um 16:00 Uhr.
Was ist Ihre Einschätzung für die Zeit nach Covid. Wird sich alles wieder wie vor der Krise normalisieren?
Meine Einschätzung ist folgende: Covid wird uns in den nächsten 5 bis 10 Jahren noch begleiten. Man liest ja jetzt schon, dass es impfkritische Leute gibt. Ob zu Recht oder Unrecht kann ich nicht beurteilen.
Wenn ich andere virale Erkrankungen anschaue, könnte es länger brauchen, um eine vernünftige Therapie zu entwickeln. Nehmen wir nur das Beispiel aus den 70er und 80er Jahren, als es um HIV gegangen ist – damals brauchte dies 10 bis 20 Jahre. Dieses Mal sind wir vielleicht schneller. Aber auch wenn es nur noch einen Viertel oder halb so lange dauert, sind wir immer noch bei ungefähr 5 Jahren.
Ich denke, dass wir uns langsam daran gewöhnen. Jedoch wird es nicht mehr so wie vor Covid sein. Wie wir den Kontakt mit Bekannten, Verwandten, Mitarbeitern, Kunden wie auch Lieferanten handhaben werden, wird anders sein als vor Corona. Jedoch werden wir lernen, damit umzugehen.
Wird der Online-Trend anhalten oder gibt es eine Veränderung nach einer möglichen Normalisierung?
Das ist eine der wenigen, positiven Auswirkungen an Covid19. Die Digitalisierung hält Einzug. Es wird neue Arten der Zusammenarbeit geben. Das sieht man ja auch schon daran, wie wir uns gerade unterhalten.
Beispielsweise hätte ein Bekannter von mir als Mitarbeiter einer Bank vor Covid gerne 20% im Homeoffice gearbeitet. Auf Anfrage hiess es immer, dass dies gar nicht gehe. Er müsse ständig physisch vor Ort sein. Und dann, innerhalb von ungefähr fünf Tagen, hat die gesamte Schweiz ihre Notebooks nach Hause getragen und plötzlich war es möglich. Mit diesem äusseren Druck ist der Beweis erbracht worden, dass es funktioniert. Das Gefühl, dass Digitalisierung Mehraufwand bedeutet, ist bei vielen noch vorhanden. Jedoch ist das bei Neuem zuerst doch fast immer so.
Welche Kundenfeedbacks erhalten Sie in dieser besonderen Zeit?
Meine Kunden waren ausserordentlich glücklich, dass ich sie relativ schmal und schnell ins Homeoffice gebracht habe. Also ich rede hier von zwei Handvoll Kunden, welche ich direkt betreue und denen ich innert einer Woche das Homeoffice eingerichtet habe.
Welche Bedeutung kommt in Zukunft dem schnell wachsenden Onlinehandel zu?
Für mich ist der Onlinehandel indirekt natürlich ein grosses Problem. Wenn die Kunden ihre Sachen bei MediaMarkt oder bei Digitec bestellen, läuft das Geschäft natürlich an mir vorbei. Ich habe das Glück, dass sie mich dann doch noch anrufen, wenn ihr Gerät nicht läuft. Bring your own device ist nun ja sowieso ein grosses Thema.
Wie hat sich das Kundenverhalten in den letzten Monaten verändert?
Das Kundenverhalten hat sich insofern verändert, dass alle Investitionen, die nicht explizit notwendig waren, gestoppt worden sind. Dafür hatte ich mehr Support, aber das deckt natürlich niemals eine Ablösung oder ein Ersatz eines Systems.
Hat sich das Zahlungsverhalten verändert? Wenn ja, wie?
Beim Support haben meine Bestandskunden Vorauszahlung, und dies hat die Kasse anfangs Jahr aufgefüllt. Und was sonstige Zahlungen anbelangt, habe ich nicht gemerkt, dass diese später bezahlt werden. Von dem her hat sich bis jetzt das Zahlungsverhalten nicht verändert.
Sind jetzt bestimmte Artikelgruppen ganz besonders gefragt?
Vor allem Headsets, Webcams und portable mobile Geräte
Sind in Zukunft besondere, unterschiedliche Angebote für Firmen- und Privatkunden wichtig?
Für mich nicht, da ich grundsätzlich nur im B2B-Bereich tätig bin. Die wenigen Privatkunden sind VIP’s meiner B2B-Kunden, Bekannte und Verwandte.
Was glauben Sie, ist Ihren Kunden jetzt besonders wichtig?
Eine stabile Infrastruktur und Internetanschluss. Auch die Erreichbarkeit ausserhalb der normalen Geschäftszeiten ist den Kunden sehr wichtig.
Gibt es irgendwelche Produkte, die Sie sich wünschen und die es noch nicht gibt?
Nein, ich kann alle Bedürfnisse mit dem abdecken, was der Markt bietet.
Wie sieht der Onlinehandel in 5 Jahren aus? Welche Veränderungen sind zu erwarten?
Ich bin überzeugt, dass sich der B2C-Bereich ganz klar noch mehr zum Onlinehandel verschieben wird. Wenn man schaut, wie teuer die Mieten gerade in Städtischen Gebieten sind, werden viele Filialen schliessen müssen. Im B2B Bereich könnte es auch Veränderungen geben. Zum Beispiel, dass ich die Produkte für den Kunden im Warenkorb vorbereite und dieser dann die Bestellung selber ausführt. Das verändert natürlich das Geschäftsmodell. Bei immer tieferen Margen, wird mir das Debitorenrisiko bald zu gross und somit der Warenhandel generell unattraktiv. In jeden Fall denke ich, dass es andere Formen annehmen wird.
Wie glauben Sie Ihren Geschäftserfolg halten zu können, respektiv wie können Sie neue Geschäftspotentiale und somit mehr Umsatz erreichen?
Das wichtigste für mich ist es, den Kontakt zum Kunden nicht zu verlieren. Wo es sicher schwieriger wird, ist beim Ersatz. Wo man früher alle fünf Jahre die Geräte ersetzt hat, wird man das in Zukunft vielleicht nur noch alle 6 oder 7 Jahre durchführen. Ausser bei denen, die das so budgetiert haben und die Liquidität vorhanden ist. Ich habe aber vielfach genau das Gegenteil erlebt. Die Kunden wollen das Gerät nicht ersetzen, solange es noch läuft.
Wenn Sie einen persönlichen Wunsch frei hätten, welcher wäre dieser?
Was wir wieder lernen sollten, ist Bescheidenheit. Klar ist es schön, wenn ich jedes Jahr 10% mehr Umsatz machen kann und ich dadurch auch mehr Gewinn habe. Aber letztendlich geht das zu Lasten von irgendjemandem oder irgendetwas. Ich sage hier extra zu Lasten der Mitwelt und nicht Umwelt oder eben der Angestellten. Wir sollten uns wieder vermehrt aufs Wesentliche konzentrieren. Bescheidenheit und Zufriedenheit mit dem was wir haben und natürlich die Gesundheit.
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Daniel Rossi
ProLead-Spezialist
daniel.rossi@proseller.ch
Tagged Fairmatik, Interview, Channel Talk