Was Autoren dystopischer Romane als Schreckgespenst ausgemalt haben, ist in China gerade im Begriff, Realität zu werden. Schon in zwei Jahren soll es dort für jeden Bürger ein digitales Konto geben, welches den gesellschaftlichen Wert als Punktestand darstellt. Hier fliessen Vertrauenskriterien aus den Bereichen Finanzen, Moral, Politik und Gesellschaft ein. Noch ist unklar, auf welche Lebensbereiche sich der „Sozialkredit“ auswirken soll, die Folgen könnten aber dramatisch sein.

Daten aus allen Lebensbereichen werden erfasst

Je nach Punktestand könnte es unmöglich werden, einen Kredit zu erhalten oder Reisen zu unternehmen. Zur Erhebung der nötigen Daten setzt China auf künstliche Intelligenz und Videoüberwachung mit Gesichtserkennung. Auch die Kundendaten aus Onlineshops sollen einfliessen. So könnte eine grosse Anzahl gekaufter Videospiele für Punktabzug sorgen. Wer hingegen Babykleidung kauft, wird als vertrauenswürdiger eingestuft.

Automatisierte Unterdrückung

Selbst Freundschaften mit Personen, welche einen Punktabzug erhalten haben, können Punkte kosten. Mit dem neuen System wird die autoritäre Herrschaft der chinesischen Regierung automatisiert. Bestimmte Menschenrechte sind im Laufe des Lebens aber vom Punktestand abhängig und nicht mehr selbstverständlich. Ganz im Sinne von George Orwells «1984» soll sich die Gesellschaft auf diese Weise selbst regulieren und zensieren.

Kommt das System auch bei uns?

Ob ein solches System auch in der westlichen Welt kommt, ist ungewiss. Denkbar wäre allerdings, dass die erhobenen Daten verschiedener Konzerne wie Google, Amazon oder Facebook verknüpft werden. Dann könnten die grossen Unternehmen die Institutionen der Regierung wie Bundesrat oder Kantone überholen und noch mehr unser Leben bestimmen.

Über das chinesische Sozialkredit-System berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung.