Der ICT-Index für August markiert wie jedes Jahr das Sommerloch. Mit einem Index-Wert von 50 liegt dieser Sommer um +1% leicht über dem schon recht guten Vorjahreswert. Der unruhige Geschäftsverlauf seit Frühjahr hat sich mit Juli 2022 für den ICT-Reseller wieder deutlich beruhigt. Auch der jetzt im Blick befindliche August verlief ohne sichtbare Ausreisser. Die Umsatzkurve auf Tagesbasis zeigt sehr kontinuierliche Geschäftsaktivitäten im Channel.

Die Entwicklung der Teuerung hat für den August etwas nachgelassen, bleibt aber mit +6% über 12 Monate auf einem für die Schweiz sehr hohen Niveau. Die generelle Unsicherheit ist weiter hoch, so dass auch für die kommende Zeit mit weiter steigenden Preisen zu rechnen sein wird. Da dieser Zusammenhang nicht unbedingt selbsterklärend ist, soll das komplexe Geschehen dahinter kurz beschrieben werden:

Was hat Unsicherheit mit Inflation zu tun?

Die letzten Jahrzehnte waren durch starke globale Arbeitsteilung und hohe politische Verlässlichkeit der wesentlichen Regionen geprägt. Damit verbunden konnten „Just-in-Time“ und hoch spezielle „Arbeitsteilung“ in allen Wirtschafts- und Industriesektoren perfektioniert werden. Diese weit verbreitete Strategie hatte zur Folge, dass sehr effizient produziert werden konnte. Konkret waren in den Artikel-Preisen immer weniger Lagerkosten oder Versicherungsprämien enthalten, was wir als Konsumenten und Kunden durch sehr stabile und oft sinkende Preise gerne gesehen haben.

China und Russland scheiden nun aber aus dem Kreis der langfristigen Supply-Chain-Partnerschaften aus. Der Klimawandel ist nicht mehr nur Theorie, sondern zur generellen Realität geworden. Der zunehmende Fachkräftemangel ist wöchentliches Thema in den Nachrichten und reduziert für viele Organisationen die Handlungsoptionen für Veränderungen. Der Krieg in der Ukraine lässt uns diese Unsicherheiten in den täglichen Nachrichten spüren und hat gleichzeitig die Energiepreise explodieren lassen.

In den letzten zwei Jahren haben sich die globalen Rahmenbedingungen auf mehreren Feldern deutlich verändert. Die gewohnte und geliebte auf globale Just-in-Time-Arbeitsteilung fokussierte Effizienz-Strategie ist nun nicht mehr erfolgreich. Unternehmen und ganze Länder sind gerade dabei, sich strukturell auf die neuen Rahmenbedingen einzustellen. Das bedeutet Investitionen, Aufbau von Reservekapazitäten, Sicherheitslager, Aufbau von mehreren Lieferantenoptionen, Vergabe von kleineren Auftragschargen und auch steigende Versicherungsgebühren. Das ganze zusätzlich zu den bestehenden und bereits deutlich gestiegenen normalen Kosten. Wollen Unternehmen zumindest noch etwas Gewinn machen, dann müssen die Produktpreise angehoben werden. Die Preisspirale ist also in Gang gesetzt.

Hohe Unsicherheit erfordert tagesaktuelle Transparenz

Beruhigend ist, dass sich die Prozesse nicht grundsätzlich ändern, sondern die in den letzten Jahrzehnten abgebauten Sicherheits-Reserven nur wieder neu aufgebaut werden. Das Projektmanagement und der Einkauf müssen sich darauf einstellen. Die heute verfügbaren digitalen Tools für diese beiden Funktionsbereiche können die jetzt nötige Transparenz in Echtzeit liefern. Mit zunehmender Unsicherheit werden ein professioneller Einkauf und eine stabile Warenwirtschaft zu hochgradig wichtigen Erfolgskomponenten, denn jedes Projekt hat seinen kritischen Pfad und dieser wird zukünftig immer stärker von der Verfügbarkeit von Waren und Personal bestimmt. Projektmanagement und Einkauf werden also fokussiert weiterentwickelt, noch stärker digitalisiert und mit mehr Ressourcen ausgestattet. Die Digitalisierung bekommt also einen weiteren Schub, ähnlich wie durch Corona. Wir werden mit dem ICT-Reseller-Index beobachten, ob sich diese Erwartung auch bestätigen wird.

Thomas Czekala
Senior Partner
ProSeller AG
thomas.czekala@proseller.ch

Thomas Czekala ist Verwaltungsrat der ProSeller AG. Er hat in diversen Rollen als Controller und Data Analyst gearbeitet. So z.B. als Group Controller der Scout24 AG und CFO der JobScout24 International AG. Er ist als Gesellschafter, Beirat, Verwaltungsrat und Consultant in verschiedenen Branchen aktiv und hat dadurch Einsicht in viele aktuelle Trends.

Zum ICT-ReSeller-Index
Der Index ist ein Service der ProSeller AG, die mit der Applikation Concerto unangefochten der grösste B2B Online-Marktplatz für ICT-Artikel in der Schweiz ist. Der Index wird täglich ermittelt und einmal monatlich für den laufenden Monat fixiert. Er basiert auf den anonymisierten Beschaffungsaktivitäten der ICT-Reseller bei Verwendung von Concerto und repräsentiert damit ein jährliches Einkaufsvolumen von ca. 1,2 Mrd. CHF bzw. rund 20 TSD Abfragen pro Tag. Concerto bündelt und harmonisiert täglich die aktuellen Daten von mehr als 60 angeschlossenen Distributoren mit über 1.3 Mio. verfügbaren Artikeln von über 7’000 Herstellern. Für über 2‘300 Einkäufer und damit 90% aller relevanten Schweizer ICT-Reseller stellt „Concerto“ damit seit 2001 das digitale Rückgrat ihres Ein- und Verkaufs von ICT-Artikeln dar.

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